Montag, 9. April 2012

Barkley Race Report 2012

31.03. - 02.04.2012 The Barkley Marathons 100 Mile Run

Vorspiel:

Ich war letztes Jahr richtig begeistert von dieser Veranstaltung und wusste, ich will da wieder hin. Ich wollte durchgehend weiter am Berg trainieren und die Schwächen, die ich direkt ausmachen und auch trainieren konnte verringern. Doch wie es so ist, läuft nicht alles so, wie man es sich vorstellt und ein Jahr ist dann doch schnell vergangen. Ich habe gemerkt, dass ich weitaus weniger an Vorbereitung gemacht hatte, als im Jahr zuvor und fühlte mich leider nicht in Bestform. Außerdem hatte ich im Winter einen ziemlichen Durchhänger, was das Training allgemein angeht. Dennoch hatte ich mich im Dezember um einen Startplatz beworben. Dieses Mal habe ich es zunächst nur auf die Warteliste geschafft, dort aber an Position 1, so dass es relativ sicher war, dass ich noch ins Starterfeld nachrutschen würde.

So kam es dann auch und ich trat meine zweite Reise Richtung Frozen Head State Park an. Gelandet bin ich dieses Mal in Knoxville, von wo ich netterweise von John abgeholt wurde, auf dessen Zeltplatz auch ich später mein Zelt aufschlagen durfte. Zunächst einmal musste ich aber am Flughafen ein paar Schreckensminuten aushalten, da mein Gepäck leider nicht auf dem Gepäckband landete, später dann aber glücklicherweise doch noch auftauchte. Im FHSP sind wir dann erst nachts gegen 1 Uhr angekommen und ich habe schnell mein Zelt aufgebaut. Dabei ist eine der Zeltstangen gerissen, die John mit Kabelbindern wieder zusammenzog. Über Nacht ist aber ein anderes Teil der Stange gebrochen. Beim Versuch das zu reparieren, ist die Außenhaut des Zelts gerissen. Als ich diese getapt und die Stange notdürftig repariert hatte, dachte ich es wäre endlich gut. Aber nein, es ist auch noch eine andere Stange gebrochen, die ich dann auch irgendwie wieder repariert habe...ich brauch dringend ein neues Zelt!

Das fing ja schon mal gut an, aber was solls, es war Zeit einzuchecken und die Formalitäten zu erledigen, will heißen Master Map abzeichnen und danach noch etwas die Wegbeschreibung im Kopf durchgehen. Danach ging es zum Barkley Chicken, aber da ich wenigstens etwas aus dem letzten Jahr gelernt hatte (nicht genug, wie sich noch rausstellte), ging ich schon relativ früh Richtung Zelt, denn man weiß nie wann das Startsignal ertönt.

Das Rennen:

Ich war schon einige Zeit wach und bereitete all die Dinge für den Start vor, die ich noch nicht am Vorabend erledigt hatte, langsam stieg die Nervosität bei allen spürbar: Wann geht es los? Um 8:11 Uhr schließlich ertönte das Signal, d.h. der Start erfolgte genau um 9:11 (merkt ihr was?). Und jetzt passierte das, was ich schon letztes mal nicht lassen konnte, ich überpowerte am Anfang total, war die gesamte Anfangsphase in einer Gruppe mit Brett Maune, dem späteren Rekordhalter und 2-fach Finisher und anderen hochkarätigen Teilnehmern. Das ist eine Nummer zu groß für mich und ich musste schnell merken, wie mir die Energie ausging. Mein Problem war, dass ich die neue Startsection nicht kannte und zumindest dort auch versuchen wollte, nicht den Anschluss zu verlieren. Danach habe ich sie ziehen lassen und mein Tempo etwas verlangsamt, es war aber im Grunde schon zu spät. Im Verlauf der weiteren Runde bin ich immer mal wieder auf andere Grüppchen gestoßen, einen Teil des Weges mit ihnen zusammen gelaufen und dann war ich auch immer mal wieder allein unterwegs. Das war eine komplett neue Erfahrung für mich, da ich letztes Jahr eigentlich immer (bis auf den letzten Abstieg) eine Gruppe um mich hatte und immer einfach nur folgen musste. Dieses Mal ging das nicht einfach so und ich schaffte es (leider mit einiger Mühe und auf Kosten von viel Zeit) zumindest an den relativ einfachen Stellen auch allein den Weg zu finden. Bei den richtig schwierigen Parts hatte ich dann doch immer das Glück jemanden dabei zu haben, der den Weg relativ gut kannte.
Auch diesmal sagte ich mir: Pass genau auf und versuche dir den Weg einzuprägen. Doch der Weg ist so lang, es gibt so vieles, das man sich merken muss und irgendwann sieht einfach alles nach Wildnis aus und man hat keine Chance mehr. Auch jetzt würde ich sagen, dass ich am Stallion Mountain und auch ab dem Brushy State Prison verloren wäre, wenn ich allein unterwegs wäre...und wie wäre das erst in einem Jahr?
Das erste Problem war, dass ich irgendwie den ersten Water Drop verpasst habe. Dadurch war ich dazu gezwungen mein Backpack im New River aufzufüllen. Ich hatte Reinigungstabletten dabei, welche ich aber natürlich zunächst vergessen habe einzuwerfen und damit erstmal ein paar kräftige Schlucke ungereinigt zu mir nam...naja, zumindest noch habe ich keine Nebenwirkungen gespürt.
Spätestens ab der Hälfte der Runde machten mir meine nicht perfekte Kondition, der schnelle Start, das sehr warme Wetter und vor allem auch meine falsche Schuhwahl zu schaffen. Meine Füße schmerzten, auf den schweren Abstiegen merkte ich wie sich die Haut verschiebt und sich dicke Blasen bildeten. Auf den letzten großen Anstiegen (Very Bad Thing und Big Hell) ging mir endgültig die Puste aus und ich musste alle paar Meter stehen bleiben und in jämmerlich gekrümmter Position ausharren, um nach Luft zu schnappen. Bei jedem SChluck Wasser wurde mir schlecht und wenn ich tatsächlich versuchte etwas anderes, wie ein Powergel, zu mir zu nehmen, musste ich wirklich kämpfen, um nicht meinen kompletten Mageninhalt zur Freude der einheimischen Flora und Fauna über den Berg zu verteilen...es ging dem Ende zu. Man muss essen und trinken, sonst geht dir hier ganz schnell die Kraft aus.
Am schlimmsten machten mir aber weiterhin meine Füße, vor allem auf den Abstiegen, zu schaffen. Jeder Schritt war eine Qual, irgendwann war ich mir relativ sicher, dass ich nicht mehr auf eine mögliche zweite Runde gehen kann.
Als ich dann schließlich zusammen mit Tim Dines gehenderweise am Yellow Gate ankam, sagte ich zu ihm, ich werde definitiv keinen Schritt mehr weitergehen. Am Gate stand aber John, der mich versuchte davon zu überzeugen auf jeden Fall noch einmal rauszugehen, egal wie lange es noch gehen sollte. Beim Zelt wechselte ich unter Schmerzen die Schuhe und wurde rührend von allen Seiten umsorgt (vielen Dank dafür!). In den neuen "alten" Schuhen konnte ich dann zumindest wieder auftreten, die Socken zog ich gar nicht erst aus, da ich meine Füße nicht sehen wollte, wahrscheinlich hätte mich das abgeschreckt. Leider konnte ich noch immer nicht wirklich viel zu mir nehmen, aber als ich hörte, dass Frozen Ed Furtaw bereit war, mit mir zusammen die zweite Runde zu beginnen, stimmte ich zu. Niemand kennt den Kurs besser als Frozen Ed und so malte ich mir zumindest keine großen Umwege und damit die Chance auf das erste Buch aus ohne mich komplett zu verlaufen. Also machte ich tatsächlich meine ersten Schritte in die zweite Runde und das obwohl ich mich definitiv nicht so fit fühlte als im letzten Jahr, auch eine Stunde später erst rein kam und meine Füße vollständig fertig waren. Dass ich diese Runde nicht würde beenden können, war mir allerdings schon beim Start bewusst, dafür hatte ich zu große Schmerzen an den Füßen. Ich bewundere allerdings das Durchhaltevermögen von Frozen Ed und gratuliere noch mal herzlich zum Finish seiner zweiten Runde (erstmals nach 1992!). Nach 17:25 Stunden und Buch 2 auf der zweiten Runde war dann für mich Schluss. Der Jacquemate-Hill hat meinen Füßen endgültig den Garaus gemacht. Ich kehrte auf dem Bird Mountain Trail zusammen mit Hiram und Dusty zurück ins Camp, der Weg war plötzlich grausam lang.

Barkley-Andenken


Fazit:

Ich bin im Endeffekt zufrieden mit meiner Leistung, war zwar schlechter drauf als im letzten Jahr, kam aber dennoch weiter im Rennen und habe geschafft, was ich bereits in meinem Essay versprochen habe, ich habe nicht im Camp aufgegeben, obwohl ich noch im Zeitlimit bin.
Dennoch kommen nun im Nachhinein natürlich wieder Fragen nach dem was wäre wenn auf. Was wäre, wenn ich nur die richtigen Schuhe gewählt hätte? Hätte ich die zweite Runde beenden können? Womöglich noch im Zeitlimit? Und wenn ja, hätte ich den Versuch eines Fun Run Finish wagen können?
Ich möchte noch einmal allen danken, die mich bei meinem diesjährigen Versuch unterstützt haben und auch allen anderen, die vor Ort waren und aus dem Barkley-Wochenende wieder ein ganz besonderes Erlebnis für mich gemacht haben. Mein größter Respekt gilt selbstverständlich den unglaublichen drei Finishern, ich kann mir nichts inspirierenderes Vorstellen, als diese Jungs finishen zu sehen.
Eins ist jetzt schon klar: Ich würde mir wünschen, sobald wie möglich wieder dabei zu sein um mein bestes zu geben, denn dieses Rennen ist absolut unvergleichlich in jeder Hinsicht!


Die drei Finisher mit laz und Raw Dog

4 Kommentare:

  1. Marco,

    You did great! It was a pleasure hanging out with you. Sorry i was so bossy :)

    Dusty

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  2. Hey Dusty,
    there's no need to apologize. It was fun to run with you although it was unfair you looked still fit in the end :)

    Marco

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  3. HI Marco! Ich habe fasziniert deine Berichte über den Barkley gelesen... Ich bin freie Sportjournalistin und möchte in einem Laufmagazin eine Story über dieses Rennen machen... und da würde ich gerne deine Erfahrungen einarbeiten... was hältst du davon??? Freu mich auf deine Antwort und schicke liebe Lauf-Grüße - Edith

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  4. Hey Marco,
    ich habe für 2014 einen Startplatz, kannst Du mir vielleicht bei ein paar Fragen helfen.

    Gruß
    Thomas

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